VHS macht's möglich

Nach einem Schreibkurs bei der VHS Wiesbaden begann eine aktive Phase in einer Schreib-gruppe. Wir nannten uns "Die Messer-scharfen" und hielten auch zwei Jahre ebenso zusammen. Dabei entstanden die Ansätze für mehrere Kurz-geschichten, die ich hier als solche (Fragmente!) veröffentliche.

Drei Krimi-Fragmente *)

 

Mord im Schokoladentempel

Tess Thompson war 36 Jahre alt, hatte eine mittelgroße muskulöse Statur, rotblondes Haar und einen zu kleinen Busen. Fand sie jedenfalls. Aus den Augenwinkeln sah sie Marek aus dem Fahrstuhl treten, belächelte heimlich seinen schwachen Versuch, sich hinter Touristinnen zu verstecken und riss sich von der Pralinentheke los, deren Düfte sie mit Lust erfüllt hatten. Sie hatte eine geheime Schwäche für Schokolade, besonders für die  bittersüße Sorte mit rotem Pfeffer, die so verlangend auf der Zunge brannte. Zum Glück hatte sie nun einen Anlass, die wunderbaren Kalorienspender als Tarnung zu erwerben, denn Marek schlenderte jetzt direkt auf die zu. So heuchelte sie Interesse für die Sorte Java Vollmilch, die gerade in zehn Zentimeter dicken Blöcken vor ihr lag. Geradezu unanständig, so dicke Schokoladenstücke herzustellen. Sie schluckte. Schokolade war die geheime Leidenschaft einsamer Nächte vor dem Fernseher mit ödem Spätprogramm. Tess war Privatdetektivin, selbständig und spezialisiert auf Wirtschaftsvergehen, wie auf ihrer Visiten-Karte stand. Sie konnte unnachahmlich naiv gucken und überall als süßes Dummchen durchkommen. mehr...

Todsicheres Projekt

„So ein Laberer!“ Friedrich Waltinger rutschte immer tiefer in den ledernen Konferenzsessel der Hauptredaktion „Frisch und Fromm“ – wie die Aktualität in ihrem Sender genannt wurde. Seit zwei Stunden saß er nun schon in einem schlecht belüfteten Konferenzraum fest, dessen Fenster wegen des Straßenlärms auch noch verschlossen waren. Alle müffelten vor sich hin, das sommerschwüle Deo seiner Nachbarin ließ die Testesteronwolke der restlichen – männlichen – dreizehn Sitzungsbeischläfer halbwegs ertragen.
Sein Chefredakteur hatte gerade zu einer Eloge auf Kosten sparende Produktionsweisen angesetzt. Dabei sparte er nicht mit den üblichen Fremdwörtern „synergetisch“, „vernetzt“ und „multimedial“. Waltinger konnte es schon lange nicht mehr hören. mehr...

Entspannt in der Wanne.

Höhepunkt des Raumes war eine Wanne, eine ganz altmodische Badewanne, die jemand hier gelassen hatte bei seinem Auszug in eine bessere Welt. Eisengrau stand sie mittendrin, auf eisernen, nach außen geschwungenen Füssen, die für die nötige Stabilität sorgten. Innen drin war die Wanne mit Emaille ausgekleidet, das an einigen Stellen schon aufgeschlagen war. Das rund geschwungene Kopfteil der ragte in den hinteren Teil des Raumes, das Fußende schaute Richtung Fenster und so bot sich eigentlich ein wunderbarer Blick aus dem warmen Wasser.
Im Moment lag ein bärtiger, weisser, blasser Mann in der Wanne. Sein rechtes Bein ragte aus dem Wasser und hing über den Wannenrand. Vom Fuß tropfte Wasser auf den grauen Fußboden. Das lag daran, dass die schicke dünne dunkelgraue Socke am Fuß sich wohl mit Wasser voll gesaugt hatte. Das lag aber auch daran, dass der Wasserhahn noch leise lief und kaltes Wasser in die überlaufende Wanne ergoss. Eigentlich stand das ganze Zimmer ziemlich unter Wasser, ja es war sogar bis über die rosa Kacheln an die grau verfärbte ehemals helle Wand gespritzt
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*) Natürlich gilt: Alle handelnden Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit Lebenden sind nicht beabsichtigt. Bei den Lokalitäten schildere ich nur meine Eindrücke und Erinnerungen, keineswegs objektive Ortseinschätzungen.